Mein Arbeitsplatz: Der Industriekletterer
Sven Beulke (54) ist bei RelyOn Nutec Germany angestellt. Er lebt mit seiner Partnerin und einem Kind in Bremen.
Am Handelshafen 8, 27570 Bremerhaven Wir Industriekletterer sitzen ja tatsächlich überwiegend in den Seilen. Viele denken, wir würden fürs Klettern bezahlt. Aber streng genommen ist dies nur der Weg zur Arbeit. Die eigentliche Aufgabe besteht darin, in der Höhe zum Beispiel eine Lampe zu reparieren. Bei meinem höchsten Einsatz habe ich auf einem 300 Meter hohen Schornstein absturzgefährdete Betonstücke eingesammelt und mich dabei gefühlt, als würde ich an einem Schreibtischstuhl sitzen. Die Angst vor der Höhe verliert man mit der Zeit, dabei ist sie eigentlich wichtig, weil sie einen an die gebotene Vorsicht erinnert.
13 Jahre lang habe ich selbst am Seil gehangen als selbstständiger Industriekletterer. Anfangen kann man in diesem Job schon mit dem sogenannten Level eins, für das ein einwöchiger Kurs reicht. Klassisch ist anschließend zum Beispiel ein Einsatz im Hochregallager. Dort führt man dann Wartungsarbeiten in bis zu 40 Metern Höhe aus.
Inzwischen arbeite ich als Ausbilder. Ich zeige den Beschäftigten der Branche zum Beispiel, wie sie einen Verletzten so lagern, dass ein Helikopter ihn retten kann, oder wie sie sicher in der Höhe arbeiten. Bremerhaven ist ein guter Standort für die Offshore-Windkraft. Deshalb hat sich mein Arbeitgeber, ein weltweiter Anbieter von Sicherheitstrainings, hier auf diese Branche spezialisiert.
Als ich 2020 von der Selbstständigkeit als Kletterer in die Anstellung als Ausbilder gewechselt bin, hatte ich ein bisschen Angst vor Langeweile. Aber der neue Job ist sehr abwechslungsreich. Die Interaktion mit den Kursteilnehmern macht mir viel Spaß. Und wenn ich dann doch aus innerem Drang mal wieder klettern muss, dann kann ich das gut an einem der zwei Ausbildungstürme erledigen.“
Text: Andreas Schulte
